Der Begriff Aphasie (abgeleitet von dem griechischen Wort „aphasia“, welches „Sprachlosigkeit“ bedeutet) beschreibt eine Störung der Sprache aufgrund von Schädigungen derjenigen Bereiche des Gehirns, die für die Sprache zuständig sind. Was können die Ursachen für Aphasien sein, welche Formen gibt es und wie therapiert man die Sprachstörung?

Bei Aphasien handelt es sich um sogenannte erworbene Beeinträchtigungen, d.h. sie sind nicht angeboren und betreffen die Sprache, nachdem diese bereits erlernt worden ist (Einschränkung: Kindliche Aphasien). Dabei können das Sprechen, das Schreiben, das Lesen und das Verstehen betroffen sein.

Aphasien bedeuten eine erhebliche Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit Betroffener. Damit sie ihren Alltag wieder selbst meistern können und sozial integriert bleiben, muss sehr schnell eine Therapie erfolgen. Denn bei zwei Dritteln der Betroffenen verbessert sich die Gehirnfunktion nicht von selbst.

Aphasie Logopädie

Nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einem Schlaganfall kann es passieren, dass Menschen ihre Sprachfähigkeiten verlieren. © panthermedia.net / focuspocusltd

Arten und Symptome von Aphasien

Hinter dem Begriff Aphasie verbirgt sich eine Vielzahl von einzelnen Krankheitsbildern. Sie sind mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt und treten selten gesondert voneinander auf. Von Patient zu Patient sind die Kombinationen sehr unterschiedlich.

Deshalb werden Aphasien von verschiedenen Autoren auch unterschiedlich eingeteilt. In Deutschland hat sich die Einteilung in vier Hauptarten und mehrere Sonderformen etabliert.

Broca-Aphasie

  • Beim Sprechen, Schreiben und lauten Lesen tauchen Fehler in der Grammatik auf (z.B. werden Endungen und wichtige verbindende Wörter wie ‚weil‘ oder ‚mit‘ weggelassen), auch Agrammatismus genannt, der in schwerer Form wie ein Telegramm klingt.
  • Langsames, angestrengtes Sprechen mit wenig Intonation und Wortfindungsstörungen. Langsames Schreiben.
  • Wörter werden schwer erinnert und falsch (aber ähnlich klingend) produziert.
  • Verständnis von geschriebener und gesprochener Sprache ist in Ordnung (aber Probleme bei grammatisch komplexeren Sätzen).

Wernicke-Aphasie

  • Verständnis von gesprochener sowie geschriebener Sprache ist schwer gestört.
  • Schreiben und Sprechen sind fehlerhaft (Wortverwechslungen, Wortneuschöpfungen), aber flüssig. Das Tempo und die Intonation sind normal (können in Einzelfällen aber auch zu schnell sein)
  • Sätze werden begonnen, aber nicht beendet. Teilsätze werden ohne Zusammenhang aneinander gereiht.
  • Sehr viele grammatische Wörter werden verwendet, aber sehr wenige Inhaltswörter (Paragrammatismus).
  • Komplexer Satzbau.

Amnestische Aphasie (auch anomische Aphasie)

  • Probleme bei der Wortfindung, weshalb viele Floskeln und Füllwörter verwendet werden.
  • Verständnis, Lese- und Schreibfähigkeiten sind aber meist gut und das Nachsprechen von Worten fällt leicht.

Globale Aphasie

  • Umschreibt die schwerste Form der Aphasie
  • Alle Sprachfunktionen sind geschädigt (kaum Lautäußerungen möglich, Sprachverständnis kaum noch gegeben).

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Ursachen für eine Aphasie

  • Schlaganfall: Durchblutungsstörungen im Gehirn sind in 80% der Fälle die Ursache. Die Betroffenen sind überwiegend Erwachsene.
  • Unfälle: Schädel-Hirn-Traumata aufgrund von Autounfällen, Stürzen u.Ä. verursachen etwa 10% der Fälle bei Erwachsenen. Bei Kindern sind es 80%.
  • Hirntumore sind in 7% der Fälle die Ursache.
  • Hirnatrophie: Ein langsames, aber stetes Zurückgehen der Hirnsubstanz, z.B. bei einer Demenzerkrankung, kann ebenfalls eine Ursache sein.
  • Hypoxie: Hier wird das Gehirn nicht genügend mit Sauerstoff versorgt, z.B. bei einem Herzstillstand oder bei einer schweren allergischen Reaktion.
  • Entzündung im Gehirn.

Aphasiologie: Die Diagnostik und Behandlung von Aphasien

Die Therapie einer Aphasie wird immer den individuellen Symptomen von Patienten angepasst. Sie sollen ihren Alltag möglichst selbstständig bewältigen können und den sozialen Anschluss nicht verlieren. Verständliche Sprache und das Verstehen ihrer Mitmenschen sind dafür essentiell. Daneben werden kognitive Fähigkeiten wie das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit trainiert, da diese für die Sprache grundlegend sind.

Sprachtherapeutisch und neurologisch gibt es drei Phasen bei der Therapie:

Aktivierungsphase / Akutphase

  • Übungen zur Stimulation und zur Deblockierung des Gehirns.
  • Physiologische Prozesse im Gehirn normalisieren sich.
  • Symptomkombination wird deutlich.

Störungsspezifische Übungsphase / Stabilisierungsphase

  • Die Sprachfähigkeit verbessert sich zunächst oft von allein (Spontanremission). In den ersten 4-6 Monaten nimmt dieser Prozess jedoch von allein auch wieder ab. Nach ca. einem Jahr ist er weitgehend zum Ruhen gekommen.
  • Eigentliche Behandlung der Sprachstörungen.

Konsolidierungsphase / Chronische Phase

  • Verbesserungen der beeinträchtigten Gehirnfunktionen werden zunehmend schwieriger, sind aber durch intensive Übungen möglich.
  • Patienten kehren privat und beruflich wieder in den Alltag zurück.

In den Übungen wird oft mit Bildern gearbeitet und mit den Patienten gezielt gesprochen, um beispielsweise die Fähigkeit, Dinge korrekt zu benennen, zu trainieren. Geht es ums Schreiben, kommen z.B. Lückentexte oder Wörter mit fehlenden Buchstaben zum Einsatz. Um Wortbedeutungen wieder zu erlernen, werden z.B. Wortreihen bestehend aus sinnverwandten Wörtern benutzt, in denen die Patienten das Wort finden sollen, das von seiner Bedeutung her (semantisch) nicht zu den anderen passt.

Kann man einer Aphasie vorbeugen?

Man kann einer Aphasie nicht direkt vorbeugen, sondern höchstens indirekt. Weil die meisten Aphasien Folge eines Schlaganfalles sind, können dessen Risiken vermindert werden. Schlaganfälle entstehen infolge von Durchblutungsstörungen im Gehirn. Diese wiederum werden sehr häufig durch Arteriosklerose hervorgerufen. Hohe Zucker-, Cholesterin- und Blutdruckwerte spielen dabei eine große Rolle. Außerdem sind ausreichend Bewegung, Nicht-Rauchen und Normalgewicht wirksame Maßnahmen für gesunde Blutgefäße.

Da bei Kindern Aphasien am häufigsten durch Schädel-Hirn-Traumata verursacht werden, sollten sie beim Fahrradfahren oder Inline-Skating stets einen Helm tragen.

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