Die Stimmlippen sitzen im Kehlkopf und bilden dort unsere Stimme. Stehen sie offen, kann ungehindert Luft in die Lungen gesogen oder ausgeatmet werden (sog. Atemstellung). Beim Sprechen öffnen und schließen sich die Stimmlippen, sodass durch die Bewegung die sogenannte Stimmlippenschwingung (=Stimme) entsteht. Die Schwingungsgeschwindigkeit bestimmt die Tonhöhe. Die unterschiedlichen Sprachlaute entstehen durch ein Zusammenspiel von Zunge, Lippen, Rachen- und Mundraum.
Ist der Stimmklang des Menschen pathologisch verändert, so spricht man von einer Stimmstörung oder auch Dysphonie. Die kann ganz unterschiedliche Ursachen haben und wirkt sich ganz unterschiedlich aus, indem sich die Stimme zu hoch, tief, schrill, leise, rau, gepresst, kratzig, rauchig oder heiser anhört. Betroffene beschreiben ihr Sprechen häufig als angestrengt. Nebeneffekte der Stimmstörung können Druckgefühl, Trockenheitsgefühl, Räusperzwang und Hustenreiz sein.
Stimmstörungen können psychogen, hormonell, funktionell oder organisch bedingt sein.
Die organische Stimmstörung wird verursacht durch Stimmbandlähmung, Stimmband-Polypen, Wassereinlagerungen in den Stimmbändern oder Stimmbandkarzinome (Tumore im Bereich der Stimmbänder).
Eine sogenannte funktionelle Dysphonie wird durch Über- und Fehlbelastung der Stimme, stimmschädigende Sprechweisen, einen schwachen Stimmapparat sowie psychische oder körperliche Erkrankungen ausgelöst. Hier sind häufig Berufsgruppen betroffen, die unter erschwerten Bedingungen, etwa einem hohen Geräuschpegel, lange und laut reden müssen. Eine Infektion kann dabei eine Dysphonie begünstigen. Wird die Stimme dann nicht geschont, können ein fehlender Stimmbandschluss, Ödeme (Wassereinlagerungen) und Knötchen an den Stimmbändern die Folge sein.
Hormonelle Stimmstörungen werden durch Veränderungen oder Störungen des Hormonhaushaltes ausgelöst.
Psychische Belastungen können eine psychogene Dysphonie oder Aphonie hervorrufen. Die Abgrenzung zu anderen Stimmstörungen erfolgt durch eine plötzlich auftretende Heiserkeit ohne erkennbare stimmliche Belastung. Auch hier haben die Betroffenen häufige Missempfindungen im Halsbereich bzw. beim Sprechen.
Bei der logopädischen Behandlung von Stimmstörungen ist die Ursache von großer Bedeutung. Der Logopäde gründet auf der identifizierten Ursache ein individuelles Konzept für die weitere Vorgehensweise und Behandlung der Stimmstörung. Über mehrere Sitzungen werden Tonusregulierungsübungen, Atemübungen und Stimmübungen gemacht. Durch sie sollen die Stimmbänder wieder lernen, im richtigen und gesunden Maße zu schwingen.
Zu den Methoden zählen beispielsweise Gesangsübungen oder Sprech- und Atemübungen, durch die der Tonus reguliert, die richtige Sprechstimmlage gefunden und eine entspannte Atmung erreicht werden sollen, wie z.B.:
Tonbandaufnahmen: Stimme und Stimmverhalten sollen vom Betroffenen bewusst wahrgenommen werden.
Ein schonenderes Sprechverhalten wird erarbeitet
- Das verbesserte Sprechverhalten wird durch Rollenspiele in den Alltag transferiert
Haltung und Bewegung werden beispielsweise durch progressive Muskelentspannung und Haltungsübungen verbessert
Die Artikulation wird durch “Korkenziehersprechen”, Vortragen von Gedichten und gesprochenen Lautverbindungen verbessert
Ist die Ursache organisch, kann eine Operation notwendig sein. Sind die Gründe hormoneller Natur, so ist eine entsprechende medikamentöse Behandlung angebracht. Ebenso müssen psychische Störungen ursächlich behandelt werden, ehe die Stimmstörung behandelt werden kann.
Eine adäquate logopädische Behandlung von Stimmstörungen erfolgt immer unter Einbeziehung von Körper, Geist und Seele. Die Übungen müssen individuell abgestimmt werden, um alle diese Bereiche einzubeziehen.
Konservative Behandlungsmethoden stehen bei der Behandlung von Stimmstörungen in der Logopädie in der Regel im Vordergrund. Der Logopäde wird zunächst Gespräche mit dem Patienten über den richtigen Stimmgebrauch führen. Eine Stimmtherapie wird bei länger andauernden Beschwerden notwendig. Der Betroffene lernt ganz spezielle Übungen zur Atemwahrnehmung und physiologischen Atmung sowie zur physiologischen Stimmgebung. Dadurch soll die Stimme in Zukunft ohne übertriebene Belastung benutzt werden können.
Nach der logopädischen Behandlung von Stimmstörungen
Der Verlauf ist nach einer logopädischen Therapie in den meisten Fällen positiv. Die Stimmstörung kann durch Stimm- und Atemübungen behoben und beeinflusst werden. Es gibt aber auch den selbstlimitierten Verlauf, bei dem die Dysphonie von selbst wieder verschwindet. Auch organische Ursachen können durch logopädische Übungen positiv beeinflusst werden. Hält die Störung länger an, ist ein Arzt zu konsultieren.
Stimmstörungen vorbeugen
Wer Auffälligkeiten an der eigenen oder an der Stimme seines Kindes feststellt, sollte einen Arzt aufsuchen, um Spätfolgen am Kehlkopf auszuschließen. Bei gewissen Berufsgruppen ist das Risiko einer Stimmstörung höher. Dazu zählen Erzieher, Lehrer und Telefonisten. Dann ist es wichtig, die Stimme richtig zu benutzen und die Stimmbänder nicht überzustrapazieren, beispielsweise durch lautes Sprechen, gepresstes Sprechen oder durch Schreien. Um dauerhaften Schäden vorzubeugen gibt es für eben diese Berufe aber spezielle Stimmtrainings.